Die Sprachkompetenz der Kinder stellt das Kultusministerium in den Mittelpunkt eines neuen Paketes von Regeln. Das Schreiben nach Gehör soll ein Ende haben. Kritik kommt von der Lehrergewerkschaft GEW.

Ohren zu beim Schreiben

Aus Felan wird mann Gluk – so in etwa dürfte die Buchstabenfolge eines Satzes sein, wenn das Gehör den Stift führt. In Hessen soll das nun ein Ende haben. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hat ein ganzes Paket von Schritten vorgestellt, um Schülerinnen und Schüler beim Erlernen der deutschen Sprache stärker zu stützen. „Das Erlernen der Bildungssprache Deutsch ist der Schlüssel zu schulischem Erfolg und gesellschaftlicher Teilhabe. Deshalb nimmt die Stärkung bildungssprachlicher Kompetenzen eine zentrale Rolle im Koalitionsvertrag der Landesregierung ein“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Kultusministerium. Ziel sei es, alle Kinder ob mit oder ohne Migrationsgeschichte besser beim Deutschlernen zu unterstützen. „Jedes Kind soll vom ersten Tag an im Unterricht mitreden und Kontakte zu seinen Mitschülerinnen und Mitschülern knüpfen können“, sagte Lorz und nannte dafür das Erlernen der deutschen Sprache von entscheidender Bedeutung.

Drei Prinzipien stehen im Mittelpunkt der verschiedenen Vorgaben: So sollen grundlegende Fertigkeiten gestärkt, die Lesekompetenz gefördert und die Handlungskompetenz mit Texten und Sprache ausgebaut werden. Als einen Baustein nannte Lorz „verpflichtende Vorlaufkurse vom kommenden Schuljahr an für alle Kinder im Vorschulalter mit Schwierigkeiten in Deutsch“. Weiter vorgesehen sind eine zusätzliche Deutschstunde in der vierten Klasse.

Ein Ende haben wir das Schreiben nach Gehör, ob das es in Lehrerschaft und bei Eltern schon von Begin an hitzige Diskussionen gab. Laut Lorz soll es vielmehr eine „pädagogisch motivierte Fehlerkorrektur“ im neuen Schuljahr ab dem 2. Halbjahr der ersten Klasse geben. „Methoden zum Rechtschreiblernen wie „Lesen durch Schreiben“ oder „Schreiben nach Gehör“ sind damit ausdrücklich nicht zulässig.“ Auch eine verbundene Handschrift gilt vom Schuljahr 2022/23 als verpflichtend.

Lorz nannte das Paket den „mit Abstand größten Aufschlag in Sachen Sprachförderung, den wir in den vergangenen Jahren gemacht haben.“ Mit den neuen Vorgaben für Handschrift und Fehlerkorrektur erhielten alle Kinder von Anfang an eine Rückmeldung der Lehrkräfte zur korrekten Rechtschreibung. Für die zusätzliche Deutschstunde und die Vorlaufkurse will das Land Hessen 310 neue Stellen einrichten. „Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Mittel gut investiert sind und sich langfristig auszahlen werden. Denn sie setzen genau dort an, wo sie am wirksamsten sind: bei grundlegenden Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Sprechen.“

Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen weisen die angekündigten Maßnahmen in die falsche Richtung. „Sie werden den erfolgreichen Spracherwerb eher behindern, denn unterstützen. Des Weiteren bleibt das Hauptproblem, der Lehrkräftemangel insbesondere im Grundschulbereich, ungelöst“, heißt es in einer Pressemitteilung der GEW. Für Susanne Hoeth, Vorsitzende der Landesfachgruppe Grundschulen, zeugt der Katalog „von Desinteresse an pädagogischen Fachdiskussionen und von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber der Professionalität der Grundschullehrerinnen und -lehrer.“ Statt die Bedingungen an den Grundschulen zu verbessern, hagele es rigide Verbote und konkrete Vorgaben, die einen guten Unterricht erschwerten. Laut Birgit Koch, Landesvorsitzende der GEW, solle das Land „anstelle den Lehrkräften ins Handwerk zu pfuschen, lieber sicherstellen, dass alle Stellen an den Grundschulen auch mit ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden können“. In Hessen sei inzwischen jede achte Stelle an einer Grundschule nicht mehr mit einer ausgebildeten Lehrkraft besetzt.

Von den hessischen Vertretungen des Deutschen Lehrerverbandes (VDL) und des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) lagen am Wochenende ebenso wie vom Landeselternbeirat keine Stellungnahmen zu den Änderungen vor. Mit einem knappen Kommentar meldete sich hingegen der Philologenverband zur Sache:

„Das ministerielle Maßnahmenpaket revidiert Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte“, sagte Landesvorsitzender Reinhard Schwab. Er sieht in den Vorgaben des Ministeriums die Bedeutung der Sprache für jede weitere Entwicklung der jungen Menschen betont.

kakü