MainKind hat bereits an dieser Stelle über die Wissenslücken berichtet, die das Virus bei Kindern aufbrechen lässt. Die Feststellungen von Lehrerverbänden, Schülervertretung und Wissenschaftlern sind nun untermauert mit Zahlen: Statt 7,4 Stunden pro Tag lernten die Schüler nur noch 4,3 Stunden – das ist weniger Zeit als sie mit Computerspielen, sozialen Netzwerken oder ihrem Handy verbrachten. Diese Zahlen veröffentlichte das Münchner ifo-Institut.
Dafür hatte das Institut bundesweit 2122 Eltern befragt. Die Zahlen im Detail ließen Ludger Wößmann, den Leiter des ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, ziemlich ins Grübeln kommen. „Besonders bedenklich ist, dass 23 Prozent der Kinder sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule beschäftigt haben“, sagt er in einer Pressemitteilung. „Die Corona-Krise ist eine extreme Belastung für die Lernentwicklung und die soziale Situation vieler Kinder.“
Laut ifo-Institut denkt mit 56 Prozent die Mehrzahl der Eltern, dass ihr Kind pro Stunde zu Hause weniger lernt, als im regulären Unterricht in der Schule. Nur etwas mehr als ein Fünftel der Eltern (22 Prozent) gehen vom Gegenteil aus. Während sich die Lernzeit kaum nach schulischen Leistungen und Familienhintergrund unterscheidet, haben leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler sowie Nicht-Akademikerkinder zu Hause deutlich weniger effektiv und konzentriert gelernt. Eine geringere Rolle spielt inzwischen die Ausstattung: 59 Prozent der leistungsschwächeren, 57 Prozent der leistungsstärkeren Kinder verfüge über einen eigenen Computer oder ein Tablet, das für die Schule genutzt werden könne, lediglich vier und drei Prozent hätten weder Computer noch Tablet. Die anderen könnten ein Gerät im Haushalt nutzen.
Fazit und Forderung der Experten
In der Umfrage fasste das Institut auch nach, wie es um Klima und Miteinander in den Schulen bestellt ist. Die unterschiedliche Unterstützung, die Kinder aus verschiedenen Gruppen seitens ihrer Schulen erhielten, spiegele sich in der Zufriedenheit der Eltern mit den Aktivitäten der Schule wider. „Eltern von leistungsstärkeren Kindern sind deutlich häufiger ‘sehr’ oder ‘eher’ zufrieden als Eltern von leistungsschwächeren Kindern, Akademikereltern sind deutlich zufriedener als Nicht-Akademikereltern.“ Die Studie ist nachzulesen auf der Homepage des Ifo-Schnelldienstes. Fazit des Forschungsteams: „Deshalb ist es weiterhin von großer Bedeutung, die Anstrengungen auszuweiten, allen Kindern und Jugendlichen auch unter Pandemiebedingungen eine gute Bildung zukommen zu lassen und eingetretene Lernverluste möglichst einzugrenzen und aufzufangen.“
Bei Schulschließungen müssten „endlich universelle und verbindliche Konzepte für täglichen Online-Unterricht per Videokonferenz für alle Schüler*innen vorgegeben und umgesetzt werden.“ Dies sei das Mittel der Wahl, um allen Kindern und Jugendlichen geregelte Strukturen zu geben und um von ihren Lehrkräften den Lernstoff vermittelt zu bekommen, „den sie dann in Phasen des selbständigen Arbeitens einüben können. Die bisherige Vorgehensweise, die Entscheidung über Distanzunterricht den einzelnen Schulen oder Lehrkräften zu überlassen, hat sich gemäß den berichteten Ergebnissen als nicht erfolgreich erwiesen.“
kakü
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