Alte Gemäuer erzählen mitunter spannenden Geschichten. Das ist auch in der Burg Breuberg bei Höchst im Odenwald so. Wer bei einer Führung mal ganz genau hinschaut, ist schnell auf Zeitreise irgendwo im Mittelalter.

Eine Burg wie die Breuberg steckt voller Geschichten und Geschichte. Wer mit einem fachkundigen Menschen wie Stefan Krieger die Gemäuer hoch über dem Tal der Mümling durchstreift, wird eine ganz Menge davon zu Ohren bekommen und überdies einiges über all die Redewendungen erfahren, die in Ritterzeiten aufkamen und noch heute ihren Bestand haben.

Die Burg Breuberg gehört zu den größten und am besten erhaltenen Burgen Deutschlands. Wobei, erhalten stimmt nur zum Teil, wie Besuchende von Stefan Krieger erfahren. Einige der Gebäude sind verschwunden. Stein für Stein wurde weggeschafft.  Ursache dafür war ein Zwist der Bewohner. Es war einer von vielen Wechseln in der Burg, doch dieser hinterließ Spuren. Stein um Stein karrten die Abreisenden in ihren Ochsenkarren davon. Eine mitnehmende Geschichte, die Spuren am Eingang hinterließ: Dort schufen die verbliebenen Burgherren einen Unterstand für Wachposten, schließlich wollten sie, dass die Burg nicht weiter abgetragen wird.

Überaus imposant und vollständig erhalten ist der Saal des Grafen Johann Casimir von Eberbach. An den Original-Ritterrüstungen dürften junge wie auch ältere Besucher unter Aufsicht schon mal ein Schwert in die Hand nehmen, doch gerade der Blick der Erwachsenen richtet sich flugs nach oben: Die Decke dieses Festsaal ist mit plastischen Bildnissen und Sagengestalten der Antike bestückt. Und wie auf der Burg Familien mit römisch-katholischem Glauben und Protestanten lange Zeit einträchtig zusammenlebten, hatte Casimir von Eberbach vor mehr als 400 Jahren seinem Bildhauer freie Hand gelassen für eine Mixtur aus griechischer und römischer Mythologie. Drei Jahre lang sollen die aufwändigen Arbeiten an der Decke gedauert haben.

Wer in den vergangenen Jahrhunderten gerade im Winter sich in die Szenen an der Decke vertiefen wollte, musste sich keine Sorgen um kalte Füße machen. Eine Aussage, die Burgbesucher staunend blicken lässt. Das Staunen wird noch größer, wenn Stefan Krieger das Zauberwort Fußbodenheizung fallen lässt. Eine Etage tiefer ist das Rätsel gelöst. Dort war der Marstall untergebracht, standen die Tiere nah beieinander, agierte zudem der Hufschmied.  Damit die Wärme drinnen blieb und den Fußboden des Rittersaales obendrüber heizte, wurde der Mist durch ein Loch nach draußen befördert. Reihenweise blicken gerade junge Besucher durch dieses Loch, zu riechen ist aber nichts mehr.

Auf dem Weg Richtung Burgfried weist Krieger auf die Jahreszahlen an einem Gebäude. Sie sind in römischen Buchstaben eingehauen und für den Burgführer das Stichwort für den vielzitierten Spruch „Ein X für ein U vormachen“. Damit wird seit dem Mittelalter gewarnt vor Geschäftemachern, die ihre Kunden übers Ohr hauen möchten. Seinen Ursprung hat der Spruch in den lateinischen Zahlen und dem lateinischen Alphabet: Dort steht das U für das V – und dieses V ist auch das Zeichen für die Zahl Fünf. Die alten lateinische Ziffern sind in historischen Gebäuden allgegenwärtig: I ist Eins, V ist Fünf, X ist Zehn und L die Fünfzig. Die V lässt sich mit zwei Strichlein aufwerten – einfach beide Linien nach unten verlängern und aus dem V wird ein X – aus fünf werden zehn. Wenn Schuldner früher beim Geldleiher ihre Last begleichen wollten, machte der ihnen häufig ein X für ein U vor. Mit diesem Trick verdoppelte er im Handumdrehen die ausstehende Summe.

Bevor Krieger für seine Gäste eine weitere Tür öffnet, lässt er sie den mächtigen Bergfried emporblicken und verrät: „Der ist 25 Meter hoch“. Eine Zahl, die hinter der Tür eine Rolle spielen soll. Dort ist Brunnen, ein mächtiger Schacht, die tief ins Dunkle hinab führt. Krieger nimmt gerne einen Krug mit Wasser und bittet Kinder und Erwachsene mit dem Zählen zu beginnen, wenn er das Wasser auskippt. Schnell hat sich die Schar am Rande des Schachts auf einen Rhythmus geeinigt und zähl „……acht…neun….zehn“ bevor es unten plätschert. Und dann verrät der Burgführer, dass der Bergfried gut dreieinhalb Mal übereinander in den Brunnenschacht passen würde.

Noch viel gäbe es zu erzählen, doch nach so viel Geschichte und Geschichten knurrt der Magen. Der lässt sich schnell beruhigen – in der Burgschänke gibt es Kuchen und Käse, Bratwurst und Brot sowie allerlei Getränke. Und wer eine Nacht auf der Burg verbringen möchte, geht von der Schänke um drei Ecken:  Dort ist die Jugendherberge zu Hause, in der sich ritterlich schlummern lässt.

Burg Breuberg

Die Burg Breuberg im Odenwald hat eine ganze Reihe von Führungen und Aktionen für junge Menschen im Programm.  Neben Kinder- und Familienführungen sowie Kindergeburtstagen gibt es Ritterspiele, die Römerwanderung, eine Galgen- und eine Nachtwanderung. Anmeldungen dafür sind online möglich. Anmeldungen für die regelmäßigen Burg- und Museumsführungen am Wochenende am Kiosk der Burgschänke.  Wer einen Eindruck von einer solchen Führung gewinnen möchte, kann beim Geo Park Odenwald Stefan Krieger über die Schulter schauen.

Wer in den Ferien die Burg besucht, sollte sich darauf einstellen, dass die Burgschänke von Montag, 1. August bis Freitag, 12. August, eine Pause macht. Danach ist sie wieder von mittwochs bis sonntags von 11 bis wenigstens 18 Uhr geöffnet.

Die allermeisten Zutaten bezieht die Schänke aus dem Odenwald nach dem Motto: „Wir reiten auf dem Begriff ,regional‘ nicht nur herum, wir leben ihn soweit es uns im Odenwald wirtschaftlich möglich ist.“

Schlafen im historischen Gemäuer lässt sich in der Jugendherberge. Sie hat 32 Zimmer mit 155 Betten, sieben Zimmer haben eigene Duschen und Toiletten. Für Familien versucht das Team, Zimmer zur Alleinnutzung zu reservieren und zudem, Laufwege mit Gepäck und Kinderwagen kurz und barrierefrei zu halten.

www.burg-breuberg.de

Klaus Kühlewind