Tief in einen Berg führt unser heutiger Ausflugstipp. In der Eberstädter Tropfsteinhöhle locken bizarre Formationen und spannende Geschichten. Die Führungen sind auch für Kinder geeignet, selbst ein Buggy kann gut mitgenommen werden.

Kai hat Übung. Der Schüler des Buchener Burghardt-Gymnasiums gehört zu den Lotsen, die Besuchen jeden Alters durch die Eberstädter Tropfsteinhöhle geleiten. Eine Höhle, die es in sich hat. Um einige der unzählig vielen bizarren Gebilde aus Muschelkalk ranken sich Geschichten, die mal zum Schmunzeln Anlass geben, mal aber auch zu Schaudern. Dabei war es mehr oder minder ein Zufall, der vor 40 Jahren den Zugang zur Tropfsteinhöhle öffnete. Im Dezember 1971 waren Bergleute mit Sprengarbeiten zugange im Muschelkalksteinbruch bei Buchen im östlichen Odenwald.  Nachdem sich der Pulverdampf verzogen hatte, bemerkten die Arbeiter einen etwa ein Meter hohen und zwei Meter breiten Spalt im Fels. Dieser gab den Blick frei auf eine atemberaubende Schönheit unter Tage: die Tropfsteinhöhle in Eberstadt.

Zwei Tage nach der Entdeckung hatte es die damals selbstständige Gemeinde schriftlich vom Geologischen Landesamt: Die Tropfsteinhöhle sei die erste Höhle von überragender Größe und Schönheit im „Unteren Muschelkalk Süddeutschlands“. Der damalige Bürgermeister Wilhelm Eberle war gleich Feuer und Flamme: Mit nahezu 100 Freiwilligen trieb er den Ausbau für Besucher voran. Knapp zwei Jahre und 7500 Arbeitsstunden später war die Höhle zur ersten Besichtigung frei. Seither haben etwa vier Millionen Besucher die Tropfsteingebilde wie die „Weiße Frau von Eberstadt“ oder den „Elefantenrüssel“ gesehen. Im hinteren Drittel der etwa 600 Meter tiefen ehemaligen Flusshöhle wartet, und das nicht nur für Experten, eines der schönsten Tropfsteingebilde Europas darauf, angeschnitten zu werden: die „Hochzeitstorte“.

Um die Figuren der Höhle ranken sich allerlei Geschichten und Sagen. Kai lüftet für seine Höhlen-Besuchenden das Geheimnis der Weißen Frau. Diese Adelige soll sich früher fürchterlich über Apfeldiebe in ihrem Garten geärgert haben. Also lauerte sie ihnen eines Nachts auf, erschrak sich aber so sehr, dass sie Hals über Kopf flüchtete und nie mehr gesehen wurde. Die Sage besagt, dass sie seither in der Höhle haust und jeder Besucher sich vor ihr verneigt – automatisch, denn ein Vorsprung ragt in den Weg und ein jeder muss sich bücken, um weiterlaufen zu können.

Mal enge Schlucht wie bei der sagenumwobenen Frau, mal lichter Dom – zwei bis acht Meter breit und hoch ist der Gang, dabei nahezu eben. Daher erschließt sich die Märchenwelt unter Tage auch Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten, denn Rollatoren sind ebenso gestattet wie Kinderwagen oder Buggy. Die Gefährte sollten jedoch nicht breiter als 80 Zentimeter sein, empfiehlt Uta Stich vom Fachdienst Touristik der Stadt Buchen, zu der Eberstadt gehört.

Die Temperatur in der Höhle ist das ganze Jahr über konstant bei elf Grad, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 95 Prozent. Sollte kleineren Kindern mulmig werden und sie die Höhle erst gar nicht betreten wollen, können sich Familien auch splitten. Auf die oben Gebliebenen wartet der 2011 eröffnete Neubau des Besucherzentrums. Die Ausstellung verrät allerlei Wissenswertes über die Höhle, etwa wie sie entstanden ist, was in ihr lebt und wie die Tropfsteine oben und unten denn heißen. Und bis der Merkspruch „Stalaktiten hängen runter, Stalagmiten stehen munter“ intus ist, vergeht die Stunde bis zum Ende einer Führung wie im Flug.  Zu deren Beginn lässt Lotse Kai seiner Gruppe die Regeln wiederholen. Warum es wichtig, die Finger bei sich zu behalten, zeigt er an einem Tropfstein, der angefasst werden darf: Der Stalagmit ist ein bräunlich matter Stummel, der nach vielen Berührungen sein Glanz eingebüßt hat.

Die Tropfsteinhöhle Eberstadt ist bis Ende Oktober täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, montags ist Ruhetag. Führungen finden meist zur vollen Stunde statt, Sonderführungen für Gruppen wie Schulen und Kindergärten sind nach Absprache auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Erwachsene zahlen fünf Euro Eintritt, Kinder vier, das Familienticket für zwei Erwachsene und zwei Kinder kostet 16 Euro.

In den Sommerferien gibt es zudem spezielle Führungen für Kinder. Sie sind gedacht für Jungen und Mädchen ab etwa fünf Jahren und entsprechend aufbereitet. Termine sind immer mittwochs am 3., 10., 17., 24., und 31. August sowie am 7. September nach dem regulären Betrieb um 16:30 und 16:45 Uhr.

Vor oder nach einem Höhlenbesuch bietet sich ein Besuch in Buchen an zum Bummeln, Shoppen, Eisessen und Toben auf der Alla-Hopp-Bewegungsanlage – einem kostenlosen ziemlich großen Bewegungsspielplatz in der Buchener Innenstadt.

www.troepfsteinhoehle.eu
www.buchen.de

kakü