MainKind | Ausgabe 68/2024

Worauf ist das Team des Kinderschutzbundes besonders stolz? Stefan Schäfer: Diese Frage ist unmöglich mit einem Satz oder einem Projekt zu beantworten, deshalb stelle ich eine Auswahl vor: Dass wir in den vergangenen Jahren so viele neue und moderne Unterstützungsangebote für Kinder und Familien aufbauen konnten, die alle eine Bereicherung für Kinder und Familien sind. Dass so viele Ehrenamtliche unsere Angebote unterstützen, ob als ehrenamtliche MitarbeiterInnen in den Eltern-Kind-Treffs, den Familiennetzwerken, als Vormund oder beim Hilton-Basar. Dass dieser Mix aus Ehrenamtlichen und Fachkräften so harmonisch und so gewinnbringend für Kinder- und Familien funktioniert, ist umwerfend. Dass wir in den vergangenen Jahren über 100 000 frisch gebackenen Eltern ein Beratungsangebot machen konnten und unsere Babylotsinnen zirka 30 000 Neugeborenen und deren Familien eine konkrete Unterstützung ermöglichen konnten. Es macht uns traurig und stolz zugleich, dass wir jährlich über 300 Kindern und Jugendlichen, die Gewalt erfahren haben, helfen konnten neuen Mut zu schöpfen. Und dass so großartige Fachkräfte mit unglaublichem Engagement bei uns arbeiten. Was ist Ihnen in Ihrer Arbeit ein fortwährender Dorn im Auge? Die Zugänge zu Hilfen, seien es finanzielle staatliche Unterstützungsleistungen oder auch zu einem Kindergartenplatz, sind unglaublich kompliziert und benachteiligen gerade die Familien, die die Unterstützung am dringendsten benötigen. Wie haben sich die Aufgaben des Kinderschutzbundes in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt? Die Themen sind im Grunde gleichgeblieben. Es geht um Gewalt gegen Kinder und Bekämpfung der Kinderarmut. Die Ausprägungen haben sich jedoch geändert – Kinderarmut in den 50er Jahren drückte sich durch Wohnungslosigkeit, Unterernährung und Verwahrlosung aus, heute ist es eher Chancenungleichheit in Bezug auf Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe. In den 50er Jahren war die Prügelstrafe noch erlaubt und weit verbreitet, heute hat sich die elterliche Erziehungseinstellung hin zu einer gewaltfreien Erziehung geändert – der Kinderschutzbund trägt daran große Verdienste. Es gibt immer noch ein riesiges Dunkelfeld bezüglich aller Formen körperlicher, seelischer oder sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Auch neue Ausprägungen von Gewalt gegen Kinder im digitalen Raum erfordern heute zunehmend unsere Aufmerksamkeit. Grundsätzlich haben sich präventive Angebote durchaus bewährt und zahlen sich aus. Welchen drängenden Wunsch haben Sie an die Entscheidungsträgerinnen in Politik, welchen an die Menschen im Land? Vielerorts schließen aktuell Wohngruppen, Kindergartengruppen und andere Angebote der Jugendhilfe aus Personalnot oder wegen nicht ausreichender Finanzierung. Kinder erhalten dringend erforderliche Hilfen nicht, oder müssen weit entfernt untergebracht werden. Das ist wirklich dramatisch. Nehmen Sie die Kinder und Jugendlichen in den Blick! Dass die Kinder die Zukunft unserer gesellschaftlichen Entwicklung sind, muss auch mit den entsprechenden gesetzlichen Regelungen und finanziellen Ressourcen hinterlegt werden. Und an alle Menschen richte ich die Bitte, allen Kindern mit Achtung und Wertschätzung zu begegnen, egal ob Mädchen oder Junge oder divers, egal welcher Herkunft oder Nationalität, mit Beeinträchtigung oder ohne. Jedes Kind hat Talente! Unterstützen wir es darin, diese zu entfalten! (kakü) Das gesamte Interview und Veranstaltungstermine finden Sie unter www.mainkind-magazin.de 30 | Mittendrin 70 Jahre für die Kinder Seit sieben Jahrzehnten ist der Frankfurter Kinderschutzbund ein Sprachrohr für Jungen und Mädchen. Kinderschutzbund-Geschäftsführer Stefan Schäfer stellte sich den Fragen von MainKind. Bild: KSB - SvenBratulic

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