Ende dieser Woche waren etwas mehr als ein Viertel aller jungen Menschen zwischen 12 und 17 Jahren zumindest einmal gegen Corona geimpft. Seit dem grünen Licht der Stiko gibt es Bewegung, aber auch Kritik.
Impfung für Kinder nimmt Fahrt auf
Nach der lange erwarteten Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für eine Impfung von Mädchen und Jungen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren zur Impfung kam zu Beginn vergangener Woche Tempo ins Impfgeschehen. Vielerorts suchten Eltern nach Möglichkeiten, ihre Kinder impfen zu lassen. Sie wollten nicht warten, bis in Schulen Impfungen angeboten werden. Ob das kommt, ist bei Redaktionsschluss dieses Beitrages noch offen. Die hessische Landesregierung ließ darüber in ihrer modifizierten Corona-Verordnung
im Lauf der Woche nichts verlauten. Tarek Al-Wazir, stellvertretender Ministerpräsident, verwies in seiner Erklärung zwar auf die Impfung als besten Weg, sich und andere vor dem Virus zu schützen. Zudem sagte er, dass es genügend Impfstoff gebe, sich auch ohne Termin spontan in einem der Impfzentren den Schutz abzuholen. Für die Schulen kündigte Al-Wazir für die ersten 14 Tage nach den Ferien Präventionswochen an. In dieser Zeit sollen Schüler und Lehrerinnen dreimal pro Woche getestet werden. Ob eine Maske im Unterricht getragen werden müsse, hänge von der Inzidenz der jeweiligen Orte ab.
Gegen Impfungen an Schulen sprach sich unterdessen der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte aus. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Jakob Maske, Kinderarzt und Bundessprecher des Verbandes, dass die jungen Menschen in den Schulen sehr stark unter Gruppenzwang stünden, „sodass eine freie und unabhängige Entscheidung schwierig wird“. Zudem hatte der Verband in einer Stellungnahme dazu aufgerufen, allen Kindern und Jugendlichen die Impfung zu empfehlen. Als Grund nannte der Verband, dass Kinder und Jugendliche Glieder der Infektionskette seien. „Je mehr ungeimpfte Personen sich mit SARS-CoV-2 infizieren und die Infektion weiterverbreiten, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten neuer Virusmutationen mit eventuellen Folgen eines suboptimalen Schutzes vor Reinfektionen bei Geimpften und Genesenen“, heißt es in der Stellungnahme. Daher sei die Impfung ein wesentlicher Bestandteil zur Bekämpfung der Pandemie. Maske riet Eltern, das Impfen beim Kinder- und Jugendarzt vornehmen zu lassen. Der Arzt kenne die Familie und ihr Umfeld gut, ebenso Vorerkrankungen. Er wisse zudem, ob die Impfung sinnvoll sei und könne daher die Eltern besser beraten.
Anfang der Woche war die Stiko zu der Einschätzung gelangt, „dass nach gegenwärtigem Wissenstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“. In ihrer Empfehlung
verweist die Kommission „auf neue Überwachungsdaten, insbesondere aus dem amerikanischen Impfprogramm mit nahezu 10 Millionen geimpften Kindern und Jugendlichen“. Sehr selten sei es bevorzugt bei jungen männlichen Geimpften nach der Impfung zu Herzmuskelentzündungen gekommen. Die Jungs wurden in Krankenhäusern behandelt und hätten einen unkomplizierten Verlauf gehabt. Umgekehrt wiesen neuere Untersuchungen aus dem Ausland darauf hin, dass bei COVID-19-Erkrankungen durchaus auch das Herz angegriffen werden könne. Bis Freitag waren nach Angaben der Robert-Koch-Institutes in Hessen wie auch bundesweit etwas mehr als 25 Prozent der jungen Menschen zwischen 12 und 17 Jahren mit einer ersten Impfdosis versehen.
Mehr Sicherheit an den Schulen
Kritisch äußerte sich der Verband Bildung und Erziehung (VBE) zu Impfaktionen an Schulen. Noch mehr als bei den Erwachsenen sollte bei Kindern und Jugendlichen auf Freiwilligkeit gesetzt werden, ließ Udo Beckmann wissen. In einer Erklärung nannte es der VBE-Bundesvorsitzende „unbedingt notwendig, dass die betroffenen Kinder gemeinsam mit ihren Eltern und nach einer eingehenden Beratung durch den jeweiligen Kinder- oder Hausarzt eine informierte Entscheidung treffen. Ob dies einzulösen ist, wenn die Impfung in Impfmobilen vor der Schule erfolgt, halten wir für fraglich.“ Er warnte zudem vor Konflikten, wenn Eltern oder Jugendliche, die gegen eine Impfung sind, sich durch die Präsenz von Impfteams bedrängt sähen.
Freiwilligkeit ist sowohl dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) wie auch dem Bundeselternbeirat ein unverzichtbares Prinzip. In einem Online-Beitrag des Nachrichtenmagazins Spiegel warnt der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann vor einem möglicherweise entstehenden Gruppenzwang an Schulen. „Es hilft natürlich, dass wir mehr Sicherheit an den Schulen haben, wenn sich die 12- bis 17-Jährigen auch impfen lassen, aber es muss natürlich Freiwilligkeit gewahrt werden und deshalb ist eine eingehende Beratung der Eltern im Vorfeld erforderlich“ wird Beckmann zitiert. Ines Weber vom Vorstand des Bundeselternrates spricht sich in dem Beitrag zwar für Impfungen an den Schulen aus. Diese sollten aber außerhalb der Unterrichtszeiten vorgenommen werden. „Eltern und Kinder dürfen nicht unter Druck gesetzt werden, indem die Schüler in der Schule zum Impfen geschickt werden“ wird Weber zitiert.
Sonderimpfaktion in Offenbach
Das Deutsche Schulportal nimmt in einem Beitrag zur Impfung von Kindern die Diskussion um eine Impfpflicht für Lehrkräfte auf. Die Plattform zitiert in dem Beitrag den Humangenetiker Wolfram Henn vom Deutschen Ethikrat mit den Worten: Wir brauchen eine Impfpflicht für das Personal in Kitas und Schulen.“ Ein Vorschlag, für den Henn vom Verband Bildung und Erziehung wie auch von der Bundesregierung eine Abfuhr bekam. In einem Interview des Portals mit dem Schulrechtsexperten Thomas Böhm sagt dieser, dass „eine Impfpflicht ein schwerwiegender Eingriff in Grundrechte“ sei und nur per Gesetz erfolgen könne. Dies jedoch hatte das Gesundheitsministeriums abgelehnt.
In Offenbach startet am Sonntag, 22. August, eine Sonderimpfung für Impfwillige von 12 Jahren an, wie die Stadt in einer Pressemitteilung verkündet. Zwischen 10 und 13 Uhr können sich junge, aber auch ältere Menschen beim Open-Air-Sommerfestival Parkside im Hof, Friedhofstraße 59, vor Corona schützen lassen. Zur Verfügung stehen die Impfstoffe von Biontech sowie Johnson & Johnson, unter 18-Jährige würden jedoch ausschließlich mit Biontech geimpft. kakü