Sind wir im Babypflege-Wahn? Im Interview mit dem MainKind-Magazin verrät Dr. Inge Reckel-Botzem, was es wirklich für die Haut-und Körperpflege von Babys braucht.
MainKind: Frau Dr. Reckel-Botzem, manch Baby scheint einem Drogeriemarkt oder Kosmetiksalon entkrabbelt – die Haare mit Kirschshampoo gewaschen, die Gesichtscreme mit Lichtschutzfaktor 50, die Bodylotion mit reichlich Calendula und vielleicht obendrauf noch ein dezenter Duft, der die Windel übertönen soll. Schlagen Sie manchmal die Hände über dem Kopf zusammen?
Inge Reckel-Botzem: Diese Frage nach der Überpflege von Babys kann ich nur persönlich beantworten, nicht wissenschaftlich. Düfte, die künstlich sind und auch eine Gewöhnung erzeugen, gibt es überall, besonders bei Wäschepflegemitteln. Solcherlei Dinge sind absolut verzichtbar und dienen nur den Herstellern. Sonnencreme 50 ist auch verzichtbar, da keine regulär empfindenden Eltern ihr Baby der prallen Sonne aussetzen würden. Das Wichtigste erscheint mir, dass wir nicht exakt wissen, welche chemischen Stoffe, das sind auch Duftstoffe und Sonnencremes, welche Allergie, Hauterkrankung und sonstige Erkrankung im Detail auslösen. Deshalb: Kosmetika für Babys sind überflüssig. Babys riechen ohne künstliche Düfte wunderbar nach Baby.
Was also tun Eltern am besten, damit das Baby auch weiterhin wunderbar duftet und sich auch wohl fühlt? Einen großen Bogen um die Regale der Drogeriemärkte mit der breiten Palette an Pflegeprodukten machen?
Pflege darf nicht übertrieben werden, sonst schadet sie. Natürlich muss ein Baby ab und an gebadet werden und, sofern vorhanden, eine Haarwäsche erhalten, aber nicht jeden Tag. Produkte mit wenig Duft- und sonstigen Stoffen sind zu bevorzugen. Diese sind auch für die Babypflege produziert und im Drogeriemarkt erhältlich.
Manche Eltern meinen es besonders gut und greifen zu Olivenöl, dem ja vielfältige positive Eigenschaften zugesprochen werden. Was ist von diesem Naturprodukt als Badezusatz oder für die Hautpflege zu halten?
Öle trocken die Haut aus und können zu allergischen Reaktionen führen. Im Prinzip kann man Speiseöle tatsächlich zur Hautpflege verwenden, sie sollten aber nicht allein, sondern als Bestandteil einer Salbe oder Creme benutzt werden. Auch Badezusätze sind möglich. Die Körperpflege eines hautgesunden Babys kann durch eine olivenölhaltige Zubereitung ergänzt werden, jedoch ohne diese übermäßig anzuwenden.
Zusatzstoffe für Wanne und Haut werden von vielen Unternehmen tönend angeboten. Ein Eukalyptusbad gegen die Erkältung, Calendula Salbe gegen gereizte Stellen der Haut oder Bachblütencremes gegen jedwede Blessur – hilft das den Kindern oder eher den Eltern?
Ein Eukalyptusbad bei Erkältung ist wie das Inhalieren feuchter Dämpfe. Hier wird ein altes Hausmittel eingesetzt und kann gut Linderung bringen, wenn keine Allergie besteht. Ringelblumen und Bachblüten können entzündlich gereizte Haut beruhigen und als Salbe schützen sie auch vor weiteren Rissen. Selbstverständlich wird man nur die veränderte Hautstelle behandeln.
Viele Säuglinge entwickeln Kopfgneis. Der verklebte Talg stört manch Mutter und Vater. Ist der vorschnelle Kauf von Spezialshampoos ein adäquates Mittel für Babys Haarpracht?
Kopfgneis kommt mit fünf Prozent relativ häufig vor und verursacht dem Kind keine Beschwerden. Ursächlich ist eine verstärkte Talgproduktion der Talgdrüsen. Diese verschwindet spontan spätestens mit dem zweiten Lebensjahr. Eine Behandlungsnotwendigkeit besteht meist nicht, sodass Eltern keine Spezialshampoos benötigen, schon gar keine mit antipilzhaltigen Wirkstoffen. Bei ausgeprägten Schuppen kann die Kinderärztin oder der Kinderarzt um Rat gefragt werden.
Zur Körperpflege der Heranwachsenden gehört auch das Händewaschen. Welche Grundregeln sollten Eltern da ihrem Kind vermitteln?
Händewaschen ist immer angesagt, wenn ein Kind aus dem Kindergarten, der Schule oder vom Spielen nach Hause kommt und bevor etwas gegessen wird. Richtiges Händewaschen geht mit Wasser und Seife: Hände anfeuchten, mit Seife einreiben, dabei auch Handrücken, Fingerspitzen und Fingerzwischenräume reinigen und abspülen. Dann mit einem sauberen Handtuch trocknen. So lässt sich eine große Zahl Infektionskrankheiten verhindern.
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