Covid 19: Beim Impfen geht‘s ans Eingemachte

Beim Impfen gehen die Meinungen vieler Eltern oft weit auseinander. Im Interview verrät Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation, was sie mit ihrem neuen Buch „Fakten-Check Impfen“ bewirken möchte.

Professorin Betsch, mit dem Impfratgeber sind Sie am Puls der Zeit, denn seit Wochen überschlagen sich die Meldungen über die Zulassung von Corona-Impfstoffen für Kinder. Wie, denken Sie, wirkt sich die Pandemie aus auf die Impfbereitschaft in Familien?

Professorin Cornelia Betsch: Momentan berichten drei Viertel der Eltern, dass sich ihre Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren  gegen COVID-19 impfen lassen wollen. Sie wollen sich und andere schützen und wieder in einen normalen Alltag zurück. Einige Eltern sind da noch ein bisschen unsicherer als ihre Kinder – aber hierin liegt eine große Chance, übers Impfen ins Gespräch zu kommen, auch über andere Impfungen, die manchmal wegen der Pandemiesituation zurückgestellt werden. Ich hoffe, dass wir durch die Pandemie den unglaublichen Wert des Impfens für unsere Gesundheit und auch für das Funktionieren unserer modernen Welt nochmal verinnerlichen.

In Ihrem Buch treten Sie mit Ihren Mitautorinnen an, Mythen und Falschinformationen zu entzaubern. Bei welchen Menschen kann dies gelingen – und bei welchen nicht?

Wir hoffen natürlich, dass es bei allen gelingt, die sich ernsthaft damit beschäftigen. Wissen ändert sich, in Zeiten von COVID-19 sogar besonders schnell. Wir alle stehen immer wieder vor der Situation, unsere Ansichten zu verändern, weil neues Wissen dazugekommen ist. Wer jedoch auf der Basis ganz grundlegender Werte und seiner Weltanschauung Impfungen ablehnt – weil beispielsweise nichts „Unnatürliches“ in den Körper soll – der wird seine Überzeugungen wahrscheinlich auch nicht verändern.

Eine Vielzahl von Thesen von Wissenschaftsleugnern und Impfgegnern werden in dem Buch unter die Lupe genommen. Mit welchen Kommentaren aus diesen Lagern rechnen Sie?

Bislang hält es sich in Grenzen – wir gehen aber auch sachlich mit dem Thema um und stellen nicht einzelne Personen bloß. Das Buch ist geprägt von der Idee, Meinungen nicht in eine bestimmte Ecke zu stellen, sondern Fragen ernst zu nehmen und zu beantworten.

Was hat Sie bewogen, an dem Buch mitzuwirken?

Seit 2009 beschäftige ich mich mit dem Thema und ich habe viel mit der psychologischen Brille auf die Impfbereitschaft geschaut. Dabei habe ich immer mal gedacht: Warum gibt’s eigentlich nicht ein Buch, das sowohl die Infos über das Impfen zusammenfasst als auch die Mythen entzaubert und uns fit macht dafür, nicht jeden Stuss zu glauben. Es ist manchmal nicht einfach, Informationen zu bewerten oder der Freundin auf dem Spielplatz die Stirn zu bieten oder gegenüber dem Partner bei Meinungsverschiedenheiten nicht ausfällig zu werden. Gespräche über das Impfen gehen oft ans Eingemachte, wenn man nicht einer Meinung ist – da wollten wir gerne gute Argumente liefern, aus der Adlerperspektive ein paar Tipps anbieten und die Diskussion entschärfen. Für mehr Aufklärung und bessere Entscheidungen. Das steht immer als Ziel hinter meiner Arbeit – und da habe ich in meinen beiden Koautoren Nicola Kuhrt und Jan Oude-Aost die perfekten Mitstreiter gefunden.

In einem Extra befasst sich das Buch mit der Corona-Impfung. Dort gibt es einige Kernaussagen zu mRNA-Impfstoffen, der schnellen Entwicklung der Vakzine und dem Aspekt seltener Nebenwirkungen. Zudem weist ein QR-Code auf „laufend aktualisierte Informationen zur Corona-Impfung“:  Wie aktuell wird dort informiert und gehören auch tagesaktuelle Entscheidungen zum Beispiel über Zulassungen von Impfstoffen dazu?

In der Tat ändert sich die Faktenlage schnell – wir machen momentan etwa alle sechs Wochen ein Update. Wir versuchen dabei, die Debatten ein wenig zu beleuchten und wollen hier eher ein kleiner Wegweiser in der Bewertung der Informationen sein als ein Ratgeber. Was genau für wen empfohlen ist und alle möglichen praktischen Fragen rund um die COVID-19 Impfung gibt es dann eher auf den Seiten der Gesundheitsbehörden oder der Länder.

Die Fragen stellte Klaus Kühlewind